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Kohlköpfe flogen über die Ostsee

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Pascal, Lamira, Lisa und „Atze“ Krein (l.) vom Traditionssegler „Olifant“ präsentieren bei der Siegerehrung im Festzelt ihren sehr schön herausgeputzten Kohlkopf, dem eine verblüffende Ähnlichkeit – mit wem wollte jedoch keiner sagen – zugestanden wurde. © Peter Foth

HEILIGENHAFEN · Der Anblick der Traditionssegler und klassischen Yachten, die am Wochenende im Hafen festgemacht hatten, ließ die Herzen mancher Seemänner, aber auch der zahlreichen Besucher höher schlagen. Danke, Olifanten, für dieses maritime Fest am Hafen. Dazu der Gesang der Shantychöre, Schifferklaviere und dank der Stimme von Stephanie Golisch klangen auch Lale Andersens Lieder von Wellen und Seefahrt über den Hafen. Höhepunkt des maritimen Festes war natürlich die Kohlregatta.

Wettervorhersage: Heiter bis wolkig mit vereinzelten Kohlschauern, unter diesem Vorzeichen geht es am Sonnabend an Bord der teilnehmenden Schiffe. Die Besucher warten derweil im Festzelt direkt am Hafen, wo maritime Gesänge und allerlei Gaumenfreuden die Zeit bis zum Regattastart verkürzen.

Derweil herrscht aber auch an Deck der Regattateilnehmer keineswegs Langeweile: Mit fachkundigen Blicken zum Horizont wird die Wetterlage vor dem Start sondiert, die Crews erhalten ihre Anweisungen. Dann zischt eine Signalrakete gen Himmel – der Startschuss für die Klassik-Yachten. Der Regen weicht allmählich einem auffrischenden Wind und ermöglicht den Teilnehmern einen regelrechten Blitzstart.

Während das erste Rennen schon voll im Gange ist, versucht die zweite Startergruppe, die Einmaster, sich in möglichst günstige Ausgangpositionen zu manövrieren. Eine knifflige Aufgabe, die viel nautisches Geschick erfordert, denn einen Frühstart will natürlich keiner riskieren. Hier erweist sich der eigentlich willkommene Wind als zweischneidiges Schwert: „Das gibt‘s doch nicht, wir sind zu schnell“, entfährt es Pascal, der auf dem Heiligenhafener Traditionssegler „Olifant“ mit der Startnummer 1 das Ruder in der Hand hält. Ein gekonntes Manöver bringt die Lage jedoch schnell in Ordnung. Es verbleiben wenige Minuten bis zum Start, die Spannung der jungen Crew – manche sind zum ersten Mal bei der Kohlregatta dabei – ist fast mit Händen zu greifen.

Blitzstarts dank guter Teamarbeit an Deck

Endlich startet auch das zweite Leuchtsignal und mit ihr die vier Einmaster, die allesamt gut vom Start wegkommen. Jetzt zeigt sich, wie gut die Crews wirklich aufeinander eingespielt sind, denn in kurzer Abfolge schallen nun die Kommandos zum Setzen der verschiedenen Segel übers Deck, die für eine schnelle Fahrt entscheidend sind. Und tatsächlich erweist sich die relativ unerfahrene Besatzung der „Olifant“ als gutes Team: schnelle, gut abgestimmte Griffe lassen die jeweiligen Leinen an ihren Platz schnellen und den Heiligenhafener Traditionssegler rasch an Fahrt gewinnen.

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Äußerste Konzentration und nautisches Können waren gefragt, als bei der Wendemarke der traditionelle Kohlkopf aufgefangen werden musste – „Olifant“-Bootsmann Jonas gelang diese Aufgabe auf Anhieb. © Wolfgang Behrends

Vom Heck aus ist schon der dritte und letzte Startschuss – diesmal für die Zweimaster – zu sehen, doch wichtiger für die „Olifant“-Crew ist jetzt der richtige Kurs auf die Wendemarke. Denn hier wartet der besondere „Dreh“ der Heiligenhafener Regatta: Während des Wendemanövers gilt es, einen Kohlkopf aufzufangen, der von Bord zu Bord geworfen wird. Eine gute Rennzeit allein reicht nicht aus – wer ohne Kohl zum Ziel zurückkehrt, hat verloren. Zum Glück halten auch hier die Nerven der Mannschaft und das heranfliegende Gemüse wird mit geradezu traumwandlerischer Sicherheit gefangen und schnell unter Deck verstaut – sicher ist sicher.

Nun geht es an die Aufholjagd für die „Olifanten“, denn die Konkurrenz hat ebenfalls ihren Kohl sicher an Bord gebracht und steuert nun wieder auf die Warderstadt zu. Während die „Norden“ aus Neustadt schon ein ganzes Stück voraus ist, hat die lübsche „Ellen“ nur geringen Vorsprung und liegt zudem ungünstiger im Wind – „Die kriegen wir noch“, ist sich die Crew der „Olifant“ einig und legt sich noch einmal mächtig ins Zeug. Das spannende Kopf-an-Kopf-Rennen zieht sich bis zur Zielgeraden hin und endet mit einem verdienten Unentschieden der beiden Schiffe.

„Olifant“ erfreut mit starkem Nachwuchs

Doch noch mehr als über die gute Platzierung der Lokalmatadore freut sich Beate Bock vom Museumsschiffverein (MSV) Heiligenhafen über die gute Nachwuchslage bei den Traditionsseglern: Auch wegen der beginnenden Herbstferien war es auch in diesem Jahr möglich, eine sehr junge Crew zusammenzustellen, die sich gut geschlagen hat. Auf der „Olifant“ lerne man viele Dinge, die auch im späteren Leben wichtig sind, beispielsweise Zusammenarbeit, ermuntert Beate Bock interessierte Kinder und Jugendliche zum Mitmachen im MSV.

Zur Preisverteilung am Abend hatten sich alle Kapitäne und Crews im Festzelt versammelt. Jedes Schiff präsentierte traditionell einen geschmückten Kohlkopf, der manchmal Ähnlichkeit mit einem Mannschaftsmitglied oder sogar dem Kapitän hatte. Einfallsreichtum und Kreativität waren bei dieser „Kohlparade“ gefragt. Die Preisverteilung nahm der Vorsitzende des MSV Heiligenhafen, „Atze“ Krein vor.

Bei den Einmastern konnte die „Norden“ aus Neustadt den Sieg einfahren. Den zweiten Platz teilen sich die „Ellen“ aus Lübeck und die „Olifant“ aus Heiligenhafen mit gleicher Punktzahl. Die „Idun“ aus Orth kam auf den dritten Platz. In der Gruppe der Zweimaster siegte die „BV2“ aus Vegesack. Der zweite Platz ging an die „Lene“ aus Neustadt und auf Platz drei kam die „Asgard“ aus Wismar. Bei den Klassischen Yachten (älter als drei Jahre) siegte die „Jan Sechs“ aus Neustadt. Platz zwei belegte die „Tao“ aus Heiligenhafen und Platz drei ging an die „Cassi“ aus Neustadt.

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Magisches Licht tauchte am Abend den Hafen in ein malerisches Bild. Musikalische Auftritte von Shantys bis Popmusik rundeten das Festprogramm der Kohlregatta ab – manchem Partyfreund ging der Abend jedoch etwas zu schnell vorbei. © Peter Foth

Während es draußen dunkel wurde und die imposant beleuchteten Schiffe im Hafenbecken das Auge erfreuten, begann im Festzelt die Coverband „Show Down“ zu Höchstform aufzulaufen. Ein lustiges Partyvölkchen feierte bei Schlagern und Gassenhauern der Popmusik in die Nacht. Leider sollte auf Anweisung des Ordnungsamtes die Partynacht am Sonnabend bereits um 23.15 Uhr enden. Die Veranstalter und viele Gäste konnten das nicht verstehen, denn schließlich hatte man das Festzelt dort aufgebaut, wo eigentlich keiner gestört werden konnte. Für den Veranstalter ein herber Verlust, denn eine Showband kostet schließlich viel Geld. Ob unter diesen Voraussetzungen so ein Fest noch einmal stattfinden kann, damit werden sich die „Olifanten“ in den nächsten Wochen auseinandersetzen.

Ohne Kohlregatta und das Fest am Hafen wäre Heiligenhafen jedenfalls um eine maritime Veranstaltung ärmer. · ft/wob

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