Die Firmenchronik des Fehmarnschen Tageblattes:

150 Jahre Heimatzeitung auf Fehmarn

1894 bezieht das Fehmarnsche Wochenblatt unter der Führung von Christian Rathje das Fachwerkhaus am Markt 31. Im rückwärtigen Teil des Gebäudes wird eine moderne Druckerei errichtet.

Das Wochenblatt hatte seinen Platz direkt gegenüber dem Rathaus

FEHMARN  • Schon im Jahre 1815 versuchte sich der zugereiste Untergerichtsadvokat Jeß Gregers in der Herausgabe einer Zeitung.

Seine „Fehmarnsche Correspondenz“ blieb aber in den Anfängen stecken.

Nur ein Geistlicher aus einer der drei Landgemeinden und vier Burger Bürger bestellten die Zeitung, sodass Jeß Gregers sein mutiges Beginnen wieder aufgeben musste.

Noch einmal griff Gregers 1820 zu Feder und Papier, um abermals einen Zeitungsstart zu versuchen: Es erschien die „Fehmarnsche Wochenzeitung“.

Sie startete mit 39 Lesern vergleichsweise verheißungsvoll, aber nach der dritten Ausgabe waren nur noch neun Leser übrig geblieben. Resigniert stellte Gregers in der nunmehr allerletzten Ausgabe fest: „Und jetzt in der Ernte lesen sie gar nicht mehr.“

Zur lokalen Information dient ab 1828 das „Wagrische Wochenblatt“ und der regen Nachfrage auf Fehmarn wegen ab 1836 „Wagrisch-Fehmarnsche-Blätter“, Verlag Oldenburg i. H. 1855, 7. Januar: Der „Typograph“, so nannte man offiziell die damaligen Buchdrucker, Johannes Otto Ludwig Rathje beantragt bei einem beruflichen Aufenthalt in Kopenhagen von der dänischen Regierung die „Erteilung eines Privilegiums zur Herausgabe eines Wochenblatts mit nicht-politischem Inhalt in der Stadt Burg auf der Insel Fehmarn“.

Das Ministerium für das Herzogtum Schleswig, hierzu gehörte seit 1397 auch die Insel Fehmarn, fordert Bürgermeister und Rat der Stadt Burg zu einer Stellungnahme auf, die der Bürgermeister Peter Christian Boie wie der seit 1851 amtierende dänische Amtmann der Landschaft und Oberstadtdirektor von Burg, Broder Knudsen, am 24. Dezember 1855 positiv befürworten. Die Insel Fehmarn hatte bis zum Erscheinen der ersten eigenen Zeitung im Jahre 1856 in Stadt und Landschaft 8760 Einwohner, 1871 sind es 9813 und 1875 10054 Menschen.

Das Privileg

1856, 29. April: Der dänische König Frederik VII., zugleich Herzog von Schleswig und Holstein, erteilt dem zukünftigen Verleger Johannes Otto Ludwig Rathje von Schloss Christiansborg aus das „Privilegium der Herausgabe eines Wochenblattes in Burg auf der Insel Fehmarn von nicht-politischem Inhalt, worauf der Herausgeber untertänigs zu achten habe“.

1856, Mai: Der Zeitungsgründer bezieht das Haus in der Süderstraße I. Quartier/94, heute Nr. 4, mit seinem Verlag wie der Druckerei und gibt jeden Donnerstag das „Fehmarnsche Wochenblatt“ heraus.

Rathje ist Materialbeschaffer, Redakteur, Schriftleiter, Korrektor, Schriftsetzer, Drucker, Herausgeber, Wochenblatt-Verteiler und Buchhalter in einer Person.

Er kauft 1858 das Haus. Seine Frau und der 14-jährige Sohn eines Nachbarn sind tüchtige Stützen.

1859, 6. August: Der tüchtige Zeitungsmann stirbt nach einer Operation in der Chirurgie Kiel. Rathjes Witwe (mit einem Sohn) führt den Betrieb weiter. 1861 heiratet Frau Rathje den versierten Kaufmann Detlef H. Sieverts, der nach einer Original-Vorlage vom 3. October 1868 für Redaction, Druck und Verlag nunmehr die preußischen Privilegien erhielt und den Verlag als origineller Journalist auf Erfolgskurs führt.

Schon zweimal in der Woche

 Die Zeitung erscheint jetzt jeden Mittwoch und Sonnabend (vormittags), erhält den Untertitel „Wochenzeitschrift für Intelligenz und Unterhaltung“ und kostet pro Quartal 17 Schilling. Ein Schilling hatte zwölf Pfennige und ein Brot kostete vor 138 Jahren einen Schilling.

Ein Zeitungsbeitrag lautete: „Der neue Wegedampfer (Locomobil) des Ingenieurs Thomson aus Edinburgh.“ Das Wochenblatt hat zwei Blätter mit vier Seiten und die Maße von 23,8 mal 37,5 Zentimeter. 1869 trägt der Zeitungskopf die Traditionswappen der Heimatinsel: Stadtwappen und Petrus. 1882: Der einzige Sohn aus erster Ehe, Christian Heinrich Rathje, übernimmt 23-jährig die Leitung des „Fehmarnschen Wochenblatts“.

Er heiratet, 1883 wird der Sohn Heinrich Carl Ludwig Rathje geboren, der ebenfalls den Beruf des Buchdruckers erlernt. Der verdiente und sehr beliebte Verleger, Herausgeber und Journalist Detlef Sieverts wird jetzt Stadtkassierer und stirbt 1914. Eines seiner berühmten „Vorstellungs-Sprüche“ lautete: „Mien Naam is Sieverts – Stadtkasseer! Kasseer ok för de Füerwehr. Dring ok geern – Kööm und Beer..!“

1894: Der junge Christian Rathje will seinen Zeitungsbetrieb vergrößern und modernisieren. Er kauft dem Burger Kaufmann und vielseitigen Bauherrn das Fachwerkgebäude gegenüber dem Rathaus, I. Quartier/17, heute Markt 31 (Dr. W. Hohner), ab und errichtet auf dem rückwärtigen Gelände eine moderne Druckerei.

Christian Rathje ist seit 1891 ein für das Wohl und das städtebauliche Aussehen der Stadt Burg hoch engagierter Stadtvertreter und stirbt bereits 1914, nachdem sein einziger Sohn ihm 1913 vorausgegangen war.

1914: Nach guten Verlegerjahren und einer aufstrebenden fehmarnschen Wirtschaftskraft durch die Fehmarnsund-Fähre, die Insel-Eisenbahn und eine modernisierte Landwirtschaft übernehmen die fachkundige Witwe Rathje und deren beide Töchter den durch Buchdruck vergrößerten Verlag mit annähernd 2500 Exemplaren des Wochenblatts.

1914 bis 1918: Der 1. Weltkrieg hat sich im Fehmarnschen Wochenblatt auch in Bekanntmachungen und vielen Todesanzeigen von gefallenen Söhnen der Insel niedergeschlagen. Die dem Krieg folgenden wirtschaftlichen Verhältnisse mögen dafür verantwortlich sein, dass sowohl Druckerei als auch Verlag der Zeitung in andere Hände übergingen. Seit 1924 erscheint die Zeitung täglich

Rasante technische Entwicklung

1921: Infolge der verheerenden Wirtschaftsfolgen des 1. Weltkrieges mit einsetzender Geldentwertung verkaufte die hinterbliebene Verlegerfamilie Rathje das Zeitungs- und Buchdruckunternehmen mitsamt den Gebäuden an die Firma Elmar Böhning/Böhning & Wölbling.

Zweite Zeitung auf der Insel

1922: Durch den steigenden Konkurrenzkampf mit einer zweiten, 1889 gegründeten Heimatzeitung „Fehmarnsche Zeitung“ unter dem tüchtigen Heimat-Journalisten Heinrich Strube mit einer Auflage von 800 Exemplaren, die nach 1918 weiterhin als „königstreu“ galt – Kaiser und König Wilhelm II. lebt in Holland im Exil –, erwarb der gelernte Verlagsmann Joseph Kühnel mit seinem Sohn Richard das fehmarnsche Zeitungsimperium am Burger Markt in schwierigster Inflationszeit: Am 1. November 1923 Umtausch von einer Rentenmark gegen eine Billion alter deutscher Reichsmark, einstmals Goldmark.

Viele Firmen brechen zusammen. Der junge Richard Kühnel heiratete die Tochter des Redakteurs Strube. Die „Fehmarnsche Zeitung“ liquidierte, und der geniale Heinrich Strube trat als Redakteur in den Verlag der sich nunmehr „Fehmarnsches Tageblatt“ nennenden Gründungszeitung ein.

1924 erwuchs dem Tageblatt im „Inselboten“ ein neuer Konkurrent. Das Tageblatt hatte im Juni 1934 1365 Leser und der Inselbote 616 Leser. Der Inselbote ging später ein und wurde vom Tageblatt übernommen.

1933: Die Machtübernahme Hitlers bedeutet das Ende der freien Meinungsäußerung. Die Presse wird gleichgeschaltet.

Familie Kühnel macht zunächst weiter.

1941: Der bayerische Verleger Gallus Huber übernimmt inmitten des 2. Weltkrieges den Verlag und die Handsatz-Druckerei der Heimatzeitung mit den Folgen kriegsbedingter Klein-Ausgaben, zeitweiser Einstellung und am Kriegsende nur mit „Sonderblatt“ (Papiermangel).

Nach dem Kriege gab es zunächst ein totales Zeitungsverbot, ab 1947 periodisches Erscheinen und ab 1949 wieder ein regelmäßiges „Fehmarnsches Tageblatt“ mit einem überregionalen Materndienst aus Pinneberg, während der fehmarnsche Heimatteil in der Druckerei des Hinterhofs am Marktplatz wie zu Gutenbergs Zeiten im Handsatz hergestellt wurde und so dann mit der Flachdruckschnellpresse vierblättrig erschien.

Hans Wolff übernimmt den Verlag

1958 erwirbt der nach 11-jähriger Gefangenschaft nach dem 2. Weltkrieg der von den Bundesministern Jakob Kaiser und Dr. Thomas Dehler befreite märkische Verleger Hans Wolff von Gallus Huber den Verlag und die Druckerei des Tageblattes und modernisiert den Zeitungsbetrieb mit der ersten Typensetz- wie Rotationsmaschine.

1965 zieht die Zeitung in den technischen Verlagsneubau des nördlichen Marktes, Bahnhofstraße 1, einstmals hier das alte dänische Zollhaus des Amtmanns Broder Knudsen.

Eine moderne Generation von Setz- wie Zweifarbenrotationsmaschinen stellt die Heimatzeitung fast auf Großstadtniveau.

1975 stirbt Hans Wolff und sein seit 1958 in der Redaktionsleitung führender, journalistisch stark heimatkundlich-verbundener wie Deutschland-politisch engagierter Sohn Henning übernimmt die Aufgaben des Verlegers und der Herausgabe des FT.

1989: Verlag Ippen übernimmt

1989 übergibt der weiterhin als Herausgeber und zunächst auch Redaktionsleiter tätige Henning Wolff dem Ippen-Verlag als Mehrheitsverleger den „Burg-Verlag“ mit dem „Fehmarnschen Tageblatt“. Hiermit ist eine eigenständige Existenz der renommierten und einzigen insularen Tageszeitung mit einer zukunftsorientierten technischen Entwicklung gewährleistet.

1991 wird in der Burger Industriestraße ein modernes Druckzentrum mit erweitertem Aufgabengebiet vom Verleger Dr. Dirk Ippen und dem Herausgeber Henning Wolff eingeweiht.

Der verdiente Redakteur Henning Wolff geht 1994 in den Ruhestand, ihm folgt als Redaktionsleiter Heiko Witt.

Es folgt eine komplette Umstellung auf die neueste Technik. Die Zeitung wird direkt am Bildschirm gestaltet.

Das FT führt zahlreihe Veränderungen durch. Kam sie zuvor immer erst am späten Vormittag heraus, gibt es sie seit 1994 zum Frühstück.

Das Lokale steht jetzt auf der Seite 1, um noch stärker zu betonen, dass es sich beim Fehmarnschen Tageblatt in erster Linie um eine Lokalzeitung handelt. Die Fotos im Lokalteil erscheinen bald in Farbe.

Der Titel der Zeitung erhält einen neuen Schriftzug. Vor allem aber wird der Lokalteil erheblich ausgeweitet. Meistens gibt es vier Seiten Berichte über die Insel Fehmarn.

2006 wird das 150-jährige Jubiläum der Heimatzeitung gefeiert. Es handelt sich um eines der ältesten Unternehmen auf der Insel mit gleichbleibender Produktpalette.

Mai 2006: Zeitgleich zum 150-jährigen Jubiläum erscheint auch eine erste online-Version des Fehmarnschen Tageblattes mit ausschließlich lokalen Informationen.

Sommer 2007: Umstellung auf ein neues Redaktionssystem.

Ende März 2011: Die online-Version wird erweitert und erscheint jetzt als "Fehmarn 24".

April 2011: Das Fehmarnsche Tageblatt erscheint in einem neuen Layout.

Januar 2021: Das Fehmarnsche Tageblatt ist Teil des IPPEN.MEDIA-Netzwerkes, zu dem rund 50 Nachrichtenportale gehören. Das Netzwerk bildet eine der größten Nachrichtenplattformen in Deutschland. Auf den Webseiten des ersten Redaktionsnetzwerkes in Deutschland surfen monatlich mehr als die Hälfte der deutschen Onlinenutzer.