Schweinemast und Gülle – das zieht

FEHMARN - hö - Geglückte Premiere für Werner Ehlers, der als Organisator den traditionellen CDU-Politiktalk von Siegfried Göller übernommen hat und ihn weiterführt. Gestern war der Veranstaltungsraum im Haus im Stadtpark bis auf den letzten Platz besetzt. Das Risiko einer spärlichen Resonanz war aber auch gering, denn Ehlers hatte das prominente Thema Schweinemast und Gülleausbringung auf die Agenda gesetzt und mit Falk Voß-Hagen (39) den Betreiber der größten Schweinemastanlage Fehmarns als Rede und Antwort stehenden Gast eingeladen.
Die Erweiterung der von Voß-Hagen betriebenen Schweinemastanlage in Petersdorf/Schlagsdorf sowie der Bau der Güllelagunen erregt seit rund zwei Jahren viele Gemüter auf der Insel. Die Kommunalpolitiker in den städtischen Gremien waren häufiger mit der Materie befasst, als ihnen eigentlich lieb war. Im Wesentlichen ging es nur um die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens, denn Genehmigungsbehörde ist das Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR), da es sich bei den Vorhaben um privilegiertes Bauen im Außenbreich handelt. Jüngstes Projekt von Falk Voß-Hagen ist die mit einer Erweiterung verbundene Zusammenführung von drei Anlagen zu einer am Standort in Kopendorf. Unterm Strich entsteht hier ein Plus von 2000 Ferkel- und 300 Sauenplätzen (wir berichteten). Zusätzlich soll bei den Altanlagen in Kopendorf die Abluftreinigung erneuert werden.
In einem rund einstündigen Vortrag stellte Voß-Hagen seinen Betrieb und die Entwicklung, die dieser gerade nimmt, vor. Größe sei dabei ein wichtiges Kriterium, um am Markt bestehen zu können. Stetig steigende gesetzliche Auflagen trügen ein Übriges dazu bei, in Größe zu gehen, warb Voß-Hagen um Verständnis. „Je höher die Auflagen, desto schwieriger haben es die kleinen Betriebe.“ Und am Beispiel der Entwicklung der Ferkelpreise in den letzten 15 Jahren zeigte der 39-jährige Agrarbetriebswirt auf, dass es immer mehr auf Größe ankommt. Laut Voß-Hagen erhielten die Erzeuger im Jahr 2000 erst bei einer Jahreslieferung ab 2000 Ferkeln, für die rund 80 Muttersauen gehalten werden müssen, den maximalen Bonus. Seit 2010 liegt das Limit nun schon bei 20000 Ferkeln, um den maximalen Preis zu erzielen. Um jedoch 20000 Ferkel zu produzieren, müssen nun schon 720 Muttersauen gehalten werden. „Die Entwicklung ist der Wahnsinn“, gesteht Falk Voß-Hagen.
Neben Größe spielt für ihn, der sich beschreibt als „Unternehmer, dessen Herz für die Landwirtschaft schlägt“, Qualität eine entscheidende Rolle. Darunter fällt nach Angaben Voß-Hagens beispielsweise, dass er bei der Zucht ausschließlich auf die Genetik der Dänischen Landrasse als Muttertier vertraut, keine fremden Tiere eingekauft werden, Futter selbst produziert und auf Einsatz von Antibiotika verzichtet wird.
Viele Schweine produzieren aber auch viel Gülle. In der Vergangenheit schon eine Belastung für die Insel, aber auch in Zukunft muss die Gülle ausgebracht werden. Hier sieht sich Falk Voß-Hagen, der sich mit drei weiteren Betrieben zusammengeschlossen und vor einem Jahr das Projekt der Gülleverschlauchung gestartet hat (wir berichteten), auf einem guten Weg, die Belastung für Mensch und Boden zu verringern.
Demnach würden durch die Ausbringung mit dem großen Agrometer jährlich rund 8000 Transporte eingespart, dadurch Straßen geschont und weniger verschmutzt sowie durch geringe Radlasten des Fahrzeugs die Ackerböden nicht so stark verdichtet. Zudem könne die Gülle bodennah und mit weniger Geruch ausgebracht werden. Und nicht unbedeutend aus touristischer Sicht sei die Möglichkeit, das Zeitfenster der Ausbringung zu verringern. Hauptausbringungszeit seien jetzt die Monate Februar bis einschließlich April, geringe Mengen würden dann auch noch im August und September anfallen, so Falk Voß-Hagen.
Wichtige Voraussetzung, die Gülleausbringung auf wenige Monate im Jahr konzen-trieren zu können, sei der Bau der Güllelagunen gewesen. Dadurch habe die Lagerkapazität der anfallenden Gülle von sechs auf elfeinhalb Monate erweitert werden können, so Voß-Hagen, der in diesem Zusammenhang auf hohe Sicherheitsstandards verwies. Die gesetzlichen Auflagen bei der Errichtung der Güllelagunen sei weit übererfüllt worden, berichtet der Agrarbetriebswirt.
Die Zwischenfragen aus dem Publikum drehten sich in erster Linie um die weitere Entwicklung des Betriebes, befassten sich aber auch mit den Auswirkungen der Gülleausbringung. Günther Schmoranzer wollte beispielsweise wissen, ob der Bestand von derzeit noch 16000 auf bis zu 22000 Tiere ausgebaut werde. Hierzu äußerte sich Falk Voß-Hagen nicht konkret, im Vorwege hatte er aber bereits angedeutet, dass Größe ein entscheidendes Kriterium sei. Eine negative Auswirkung der Gülleausbringung auf die Nitratbelastung des Grundwassers auf Fehmarn sieht Voß-Hagen nicht, die Werte hätten sich in den letzten Jahren nicht verändert. Dies wollte Christa Woitalla von der Interessengemeinschaft „Lebenswertes Fehmarn“ nicht so im Raum stehen lassen, an der Messstelle in Ostermarkelsdorf wären die Werte sehr wohl nach oben gegangen, sagte sie.
Werner Ehlers fasste abschließend zusammen: „Es ist wichtig, dass Kritik geübt wird. Oft ist es ein schmaler Grat zwischen den Interessen der Landwirtschaft und denen des Tourismus.“ Ehlers lobte in seinem Schlusswort die sachlich geführte Diskussion, verwies aber auch auf die Rolle des Verbrauchers, „der Fleisch fast geschenkt haben möchte“.