Strandkorbgespräch auf Fehmarn: Boomende Branche mit Sorgen

Das Strandkorbgespräch mit Tourismusexperten aus der Region fand am Donnerstag nach etlichen Jahren wieder auf Fehmarn statt.
- Fehlendes Personal, eine Verlängerung der gesenkten Mehrwertsteuer und Energiekrise.
- Ostholstein als Urlaubsdestination beliebter denn je.
- Gestiegene Preise und Lebenshaltungskosten machen sich bemerkbar.
Fehmarn – Nach etlichen Jahren hat das vom CDU-Kreisvorsitzenden und Bundestagsabgeordneten Ingo Gädechens jährlich veranstaltete Strandkorbgespräch mit Tourismusexperten aus der Region wieder auf Fehmarn stattgefunden. Bei strahlendem Sonnenschein traf sich die Runde im Hotel „Bene“ und diskutierte über fehlendes Personal, eine Verlängerung der gesenkten Mehrwertsteuer in der Gastronomie oder die Energiekrise, die in den kommenden Monaten voll durchschlagen werde.
Wir haben schon lange wieder das Niveau von 2019 erreicht und Corona gut weggesteckt.
Insgesamt sei Ostholstein als Urlaubsdestination beliebter denn je. „Wir haben schon lange wieder das Niveau von 2019 erreicht und Corona gut weggesteckt. Allerdings fehlen überall Mitarbeiter, sodass Betriebe selbst in der Hochsaison Ruhetage einführen müssen“, sagte Ingo Gädechens. Dem konnte Peter Wolf, stellvertretender Dehoga-Kreisvorsitzender und Betreiber der „Burg-Klause“ auf Fehmarn, nur zustimmen. „Besonders 2021 gab es einen riesigen Boom, als die Menschen fast ausnahmslos im Inland Urlaub gemacht haben.“
Personal stammt aus 35 Nationen
Mitarbeiter aus acht Nationen arbeiten in Wolfs Hotel, was am Donnerstag in der Runde nur von David Depenau, Geschäftsführer des Ferien- und Freizeitparks Weissenhäuser Strand, getoppt werden konnte. „Bei uns sind Menschen aus 35 Nationen tätig. Ohne diese Kräfte geht es schon lange nicht mehr, deshalb spreche ich mich klar für einen vereinfachten Zuzug aus.“ Bürokratische Hürden müssten dringend abgebaut werden, ansonsten würden in den kommenden Jahren zahlreiche Betriebe schließen müssen. Ein mit einem Michelin-Stern dekorierter Koch aus Thailand könne zum Beispiel nicht angeworben werden, weil er keine IHK-Zeugnisse besitze. „Von so einem sturen Denken müssen wir uns verabschieden“, forderte Depenau und sprach damit Ingo Gädechens an.
Es kommen riesige Probleme auf uns zu, Personal wird Mangelware werden
Karsten Marzian, Geschäftsführer des Jobcenters Ostholstein, stärkte Depenau den Rücken. 20000 Menschen in Ostholstein würden in den nächsten zehn Jahren in den Ruhestand gehen. „Der Altersgruppe der Sechs- bis 15-Jährigen gehören im Kreis aber nur 15000 Personen an. Und davon werden statistisch gesehen noch nicht mal 10000 den direkten Weg in den Arbeitsmarkt finden. Es kommen riesige Probleme auf uns zu, Personal wird Mangelware werden“, gab Marzian zu bedenken. Eine geordnete Zuwanderung sei der einzige Ausweg aus diesem Dilemma, so der Jobcenter-Geschäftsführer. Besonders die Hotellerie und Gastronomie habe schon jetzt zu kämpfen, da viele Arbeitnehmer während der Corona-Lockdowns von „zahlungskräftigeren Branchen“ abgeworben wurden. Deshalb sollen zeitnah auch Gespräche mit geflüchteten Menschen aus der Ukraine stattfinden, ob diese hier fest arbeiten wollen.
Nach Angabe der Tourismuschefs Ubbo Voss (Großenbrode) und Eike Doyen (Heiligenhafen) würden sich die gestiegenen Preise und Lebenshaltungskosten bereits bemerkbar machen. „Die Menschen treten beim Konsum auf die Bremse. Ich appelliere hier an die Politik, die Menschen nicht im Regen stehen zu lassen. Es muss alles dafür getan werden, um das Konsumklima weiterhin positiv zu gestalten“, sagte Voss.
Auch Peter Wolf sah das so und sprach sich für eine Verlängerung der gesenkten Mehrwertsteuer in der Gastronomie über das Jahresende hinaus aus. „Das eingesparte Geld nutzen Betriebe für weitere Investitionen. Somit wird die Wirtschaft auf diese Weise angekurbelt.“ Wie es um eine Verlängerung steht, dazu konnte Ingo Gädechens am Donnerstagvormittag nichts Neues sagen. „Das Thema wird sicherlich direkt nach der Sommerpause in Berlin angeschnitten werden.“ Die große Frage bleibt, wie die Branche in den kommenden Monaten mit der Energiekrise umgehen werde. „Hier muss es einheitliche Richtlinien für Hotels und Tourismusorte geben“, forderte der Grömitzer Tourismuschef Manfred Wohnrade.
Über allem schwebt auch noch das Thema Schienenersatzverkehr, der nicht förderlich für den Tourismus im Norden Ostholsteins sei, bekräftigte Fehmarns Tourismuschef Oliver Behncke. „Dass in den Bussen keine E-Bikes mitgenommen werden können, ist ein Unding und passt nicht in die Zeit.“ Fehmarns Bürgermeister Jörg Weber sagte: „Immerhin habe ich die Hoffnung, dass mit dem neuen Verkehrsminister einiges besser laufen wird.“