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Wirtschaft & Politik: Fachkräftemangel thematisiert

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Von: Nicole Rochell

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Im Senator-Thomsen-Haus kamen Vertreter aus Wirtschaft und Politik auf Einladung der Wirtschaftsförderin Steffi Breuer zum zweiten Treffen „Wirtschaft & Politik“ zusammen. © Stina Langhoff

Die Wirtschaftsförderin der Stadt Fehmarn, Steffi Breuer, lud zur zweiten Veranstaltung „Wirtschaft & Politik“ ein. Der Fachkräftemangel wurde thematisiert.

Fehmarn – Die Herausforderungen des Arbeits- und Fachkräftemangels auf der Insel – ein großes Thema. Doch nicht nur darüber tauschten sich die Teilnehmer der zweiten Veranstaltung „Wirtschaft & Politik“, die unlängst unter der Ägide der Wirtschaftsförderin der Stadt Fehmarn, Steffi Breuer stattfand, aus, sondern sprachen auch über verschiedene Einflüsse, die die Akquirierung von Mitarbeitern aus ihrer Sicht zusätzlich erschwerten. 

Unter anderem wurde im zweieinhalbstündigen Austausch – die Zusammenkunft nach dem erfolgreichen Auftakt im Januar 2021 fand erstmals als Hybridsitzung statt – auf die Auswirkungen der Baustellen im Rahmen des Baus der Fehmarnbeltquerung und der derzeitigen Instandhaltungsmaßnahmen an der Fehmarnsundbrücke eingegangen. Sowohl Pendler ohne Pkw als auch mit Fahrzeug seien schwer betroffen, stellte die Diskussionsrunde mit Vertretern aus Bundes- und Landespolitik sowie verschiedenen lokalen Wirtschaftsakteuren fest. 

Während Bürgermeister Jörg Weber ernüchtert feststellte, dass die Wanderbaustellen und der Schienenersatzverkehr nun für viele Jahre „Alltag auf Fehmarn“ sein werden, schaute der CDU-Bundestagsabgeordnete Ingo Gädechens in die Zukunft mit einer Ampellösung im Bereich Amalienhofer Brücke, die die verkehrliche Situation auf der Insel zusätzlich verschärfen werde. 

Entweder zu früh oder eine Minute vor Schulbeginn am Berufsschulstandort

Die Auszubildenden in ihrem Betrieb treffe es besonders schwer, so Jutta Zimmermann, Hoteldirektorin des IFA Hotel & Feriencentrums am Südstrand. Die jetzige Anbindung mit dem Schienenersatzverkehr führe dazu, dass die Auszubildenden von Fehmarn aus entweder viel zu früh oder aber eine Minute vor Schulbeginn am Berufsschulstandort ankommen. 

Helmut Börke berichtete aus dem Bäcker- und Konditorenhandwerk, dass Schließungen von Berufsschulstandorten mangels ausreichender Berufsschüler den Auszubildenden teilweise noch längere Fahrtwege aufbürdeten als bisher. 

Der Austausch über die Fahrtzeiten der Auszubildenden führte zu einem intensiven Gespräch über die Möglichkeiten eines betriebsübergreifenden Fahrgemeinschaftspools. Florian Geye, HR Business Partner bei Scandlines, berichtete, dass ein solcher Fahrgemeinschaftspool bei Scandlines bereits erfolgreich geführt und sehr gut angenommen werde.

Die lokalen Wirtschaftstreibenden berichteten weiterhin, dass sie auf dem regionalen Markt nur wenig Mitarbeiter und Auszubildende finden. Werden Fachkräfte dann überregional rekrutiert, komme der fehlende bezahlbare Wohnraum zum Tragen – ein klarer Standortnachteil, kam die Runde überein. Die Landespolitiker Niclas Dürbrook (SPD) und Peer Knöfler (CDU) legten dar, dass alle Ostseeküstenorte das Problem haben, dass zwar massiv gebaut, dann jedoch der Nutzung als Zweit- oder Ferienwohnung zugeführt werde. Kommunen könnten gegensteuern, indem Einfluss auf die Landesplanung genommen werde und Umnutzungen und Nutzungsänderungen angestrebt werden. 

Bürokratie, lange Planungsprozesse und zeitintensive Entscheidungsfindungen

Bürokratie, lange Planungsprozesse und zeitintensive Entscheidungsfindungen auf allen Ebenen wurden im Zuge des Gespräches hinterfragt. 

Aufgrund der fehlenden regionalen und überregionalen Arbeitskräfte rekrutieren Betriebe verstärkt Arbeitskräfte aus dem Ausland. Der derzeitige und prognostizierbar noch drastischer werdende Arbeits- und Fachkräftemangel lasse sich nur über den kontinuier-
lichen Zuzug ausländischer Arbeitskräfte steuern, so die einhellige Meinung der Teilnehmer. Hierbei müssten bürokratische Hürden abgebaut und der Zuzug ausländischer Mitarbeiter vereinfacht werden. 

Oliver Brandt (Die Grünen), Sprecher für Wirtschaft und Arbeit, kommunale Finanzen und die Metropolregion der grünen Landtagsfraktion, bewarb hierbei die Fachkräfteakquise in Dänemark, insbesondere nach Fertigstellung des Fehmarnbelttunnels und der damit einhergehenden verkürzten Pendlerzeiten. Es sei wichtig, schon heute ein Netzwerk aufzubauen, um baldmöglichst von den internationalen Möglichkeiten Gebrauch zu machen. 

Bürgermeister Weber bestätigte, dass dieses Thema bei den zuständigen Stellen und Gremien stets als Chance der Fehmarnbeltquerung, die es zu nutzen gelte, eingebracht werde. Zuletzt tauschten sich die Teilnehmer noch über die Generationenunterschiede aus, die das Rekrutieren und Halten von Arbeitskräften verändert haben. Die Bindung der jüngeren Generationen an den Betrieb und die Identifikation mit dem ausgeübten Beruf haben sich im Vergleich zu älteren Generationen verändert und nachgelassen, hieß es beim Treffen. Die Work-Life-Balance habe einen sehr viel höheren Stellenwert. Hierbei habe Fehmarn einen klaren Standortvorteil. Jedoch sei die Infrastruktur Fehmarns, sowohl die verkehrliche als auch die soziale, nicht im selben Verhältnis gewachsen, wie sich die Bedürfnisse verändert haben. 

Oliver Brandt regte an, die Vorteile Fehmarns und das Arbeiten auf der Insel auch überregional mehr zu bewerben.

Tenor am Ende des Austausches ist die Sorge über die Entwicklung der Wirtschaft und der Gesellschaft, die durch die bekannten Krisen und auch die hohe Bürokratie zunehmend verändert werden.

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