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„Putin kann nicht aufhören“: Chodorkowski warnt vor Angriff auf Nato - und äußert These zu „Oligarchen“-Toden

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Von: Florian Naumann

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Michail Chodorkowski am Donnerstagabend bei einer Veranstaltung am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz.
Michail Chodorkowski am Donnerstagabend bei einer Veranstaltung am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz. © Collage: Sven Hoppe/dpa/Imago/Zuma-Wirte/fn

Ein Atomschlag wäre für Wladimir Putin „Suizid“, meint Michail Chodorkowski. Im Falle eines Sieges in der Ukraine sei aber Krieg gegen die Nato zu erwarten.

München - Der frühere Oligarch und heutige Kreml-Kritiker Michail Chodorkowski rechnet nicht mit einem Einsatz strategischer Atomwaffen durch Kremlchef Wladimir Putin. Allerdings hält er einen Angriff auf die Nato für unausweichlich, sollte Russland im Ukraine-Krieg nicht verlieren. Das sagte Chodorkowski Merkur.de von IPPEN.MEDIA am Donnerstag (16. Februar) bei einem Interview am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz.

Es sei ausgeschlossen, Putin zu einem Rückzug aus der Ukraine zu überreden, betonte Chodorkowski. Das gelte „aus demselben Grund, aus dem es unwahrscheinlich ist, dass er strategische Atomwaffen einsetzen wird: Er ist nicht suizidal. Und das wäre Suizid“.

„Putin kann nicht aufhören“: Chodorkowski warnt vor russischem Krieg gegen die Nato

Der Westen könne an zwei Punkten wichtigen Einfluss auf die Situation in Russland nehmen, sagte der frühere Oligarch zugleich. Einer davon sei ein militärischer Sieg in der Ukraine. „Wenn das nicht passiert, werden wir uns als Nächstes über einen Krieg Russlands gegen die Nato unterhalten müssen“, fügte Chodorkowski hinzu. „Denn Putin kann nicht mehr aufhören - selbst, wenn er wollte. Das hat er übrigens auch öffentlich gesagt.“ Putin wolle die Nato erklärtermaßen auf den Status von 1997 zurückdrängen.

Betroffen davon wären theoretisch unter anderem Polen, die baltischen Länder, aber auch Rumänien, Ungarn, Tschechien und die Slowakei. Entsprechende Forderungen und Dokumente hatte Vizeaußenminister Sergej Rjabkow schon Ende 2021 präsentiert.

Als weitere kritische Entscheidung des Westens nannte Chodorkowski den Umgang mit einem Russland nach Putin. Es werde darum gehen, einen Zerfall des Landes zu akzeptieren, erneut auf einen Autokraten zu setzen - oder aber Russland bei einem Drahtseilakt zwischen Zerfall und Autokratie zu unterstützen. Dazu brauche das Land unter anderem neue föderale Strukturen und eine parlamentarische Demokratie.

Rätselhafte Oligarchen-Tode in Putins Russland: Chodorkowski äußert Vermutung

Chodorkowski äußerte sich im Gespräch mit Merkur.de auch zu im Westen viel beachteten Todesfällen russischer Top-Manager im Laufe des vergangenen Jahres. „Da geht es nicht um Oligarchen, da geht es um Leute, die auf großen Geldströmen sitzen“, erklärte er. Angesichts der Sanktionen gebe es die Notwendigkeit, „die Herkunft bestimmter Vermögen zu verschleiern“. Es bestehe die Möglichkeit, dass die Verstorbenen „zu viel gewusst haben“.

„Zum Beispiel haben wir gehört, dass 300 Milliarden Dollar an russischen Vermögen eingefroren wurden. Das ist, was die Berichte russischer Banken zeigen. Aber ich habe auch unlängst gelesen, dass nur bei 100 Milliarden belegt ist, dass sie eingefroren wurden - also, wo sind diese 200 Milliarden?“, fragte Chodorkowski rhetorisch. „Ich denke nicht, dass man noch in Sicherheit lebt, wenn man die Antwort kennt.“ Chodorkowski stellte in München sein neues Buch „Wie man einen Drachen tötet - Handbuch für angehende Revolutionäre“ vor. (fn)

Das vollständige Interview mit Michail Chodorkowski können Sie seit Freitagmorgen bei Merkur.de lesen.

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