Mit Hunden Bettwanzen auf der Spur

Sie verstecken sich hinter Steckdosen und Möbeln, Fußleisten und Tapeten: Bettwanzen sind schwer zu finden. Hunde können helfen, die Blutsauger aufzuspüren. Doch im Norden gibt es nur wenige dieser Spezialisten. Zwei Menschen aus dem Raum Flensburg wollen das ändern.
Sieverstedt/Flensburg – Aufmerksam schnuppert der junge Lagotto-Romagnolo-Rüde Enzo an einer kleinen Glasröhre, die ihm seine Besitzerin Kerstin Prosch hinhält. In dem Röhrchen krabbeln wenige Millimeter große Tierchen. Bettwanzen. Enzo steht noch am Anfang seiner Ausbildung zum Bettwanzenspürhund. Später soll er Prosch und ihre beiden bereits ausgebildeten und von der Bed Bug Foundation zertifizierten Hunde Sydney und Karik beim professionellen Aufspüren der kleinen Plagegeister unterstützen.
Noch vor rund 20 Jahren galten Bettwanzen als nahezu ausgerottet, schreibt der Deutsche Schädlingsbekämpfer Verband (DSV) auf seinen Internetseiten. Doch die kleinen Blutsauger breiten sich nach Angaben des Umweltbundesamtes auch hierzulande wieder aus. Als Hauptursachen gelten demnach Tourismus und Handel sowie zunehmende Resistenzen der Tiere gegen chemische Insektizide. Mit mangelnder Hygiene hat ein Befall nichts zu tun. Bettwanzen übertragen den Angaben zufolge keine Krankheitserreger, aber sie stechen. Die Hautreaktion darauf kann sehr unterschiedlich ausfallen – einige Menschen reagieren gar nicht, bei anderen bilden sich juckende Pusteln, Blasen oder Quaddeln.
Üben im Schaumstoff
Enzo setzt sich hin – als Zeichen, dass die Insekten erhöht – in der Hand seines stehenden Frauchens – zu finden sind. Wenig später sucht er auf Kommando nach Bettwanzen, die in einer Übungswand aus Schaumstoff versteckt sind. Er legt sich hin – das Röhrchen mit den Krabbeltieren befindet sich in Bodennähe. „Das ist dem Hund beizubringen, ,zeig mir das an‘“, sagt Prosch. Ein gutes Jahr dauert das Training, das Enzo in einer Hundeschule in Sieverstedt (Kreis Schleswig-Flensburg) macht, die neuerdings auch die Ausbildung zum Bettwanzenspürhund anbietet.
Karik und Sydney hat Prosch noch im Rhein-Main-Gebiet ausbilden lassen – beim Leiter der Bettwanzenspürhundestaffel am Frankfurter Flughafen, der auch der Bed Bug Foundation vorsteht. Ein Zeitungsartikel über die Arbeit der Flughafenhunde hat sie 2018 auch auf die Idee gebracht, selbst Bettwanzenspürhundeführerin zu werden.
Kaum Bettwanzenspürhunde im Norden
Im norddeutschen Raum gibt es ihres Wissens nach bisher keine Hundeschule, die diese spezielle Ausbildung anbietet. Aber ein Jahr lang immer wieder für Enzos Ausbildung ins Rhein-Main-Gebiet pendeln, kam für Prosch auch nicht mehr in Frage. So kam die Idee auf, gemeinsam mit Christoph Johannsen von der Hundeschule Dogtime in Sieverstedt eine eigene Ausbildung anzubieten. In der Coronazeit haben sich doch so viele Menschen einen Hund angeschafft, da wäre es doch schön, wenn es für die Mensch-Tier-Gespanne eine sinnvolle Beschäftigung gebe, findet Prosch.
Denn Bettwanzenspürhundeführer gebe es im Norden kaum. Sie wisse von einem in Bremen und dreien in Schleswig-Holstein, sagte Prosch. Ihr Einsatzgebiet umfasst überwiegend Hamburg, Schleswig-Holstein, Hessen und Niedersachsen. Sie sucht mit ihren Hunden in Hotels und Ferienwohnungen, aber auch bei Privatleuten nach den Schädlingen.
Tiere können 20 Minuten am Stück arbeiten
„Ein Hund kann im Schnitt so 20 Minuten arbeiten“, sagt Prosch. Dann macht er 20 Minuten Pause. Danach kann er wieder 20 Minuten arbeiten, braucht dann aber 40 Minuten Pause.“ Mit einem Hund mal schnell ein Hotel oder eine Appartementanlage zu durchsuchen, geht nicht. Prosch hofft, dass mehr Menschen ihre Hunde ausbilden lassen, wenn die Wege zur Ausbildungsstätte nicht so weit sind.
Die Tiere arbeiten sowohl präventiv als auch bei einem konkreten Verdacht auf einen Bettwanzenbefall. Die Schädlinge zu finden ist schwer – da sie sich gut verstecken. Laut Umweltbundesamt zum Beispiel im Bett und in oder hinter anderen Möbeln sowie Steckdosen, Lichtschaltern, Tapeten und Fußleisten.
Beim Nachweis muss der Profi ran
Wer einen Bettwanzenspürhund beauftragt, sollte darauf achten, „dass er und sein Hundeführer eine entsprechende Ausbildung beziehungsweise ein entsprechendes Zertifikat haben“, sagt die Schädlingsexpertin beim Umweltbundesamt, Carola Kuhn. Die Bed Bug Foundation beispielsweise prüfe und zertifiziere die Hunde und die Ausbilder.
Auch die Hundeschule in Sieverstedt möchte eine von der unabhängigen und gemeinnützigen Organisation zertifizierte Ausbildungsstätte werden. Daher werde hier nach deren Richtlinien ausgebildet, sagte Prosch. Hunde, die an einer (noch) nicht zertifizierten Schule ausgebildet werden, können eine Prüfung bei der Foundation ablegen und gelten nach Bestehen ebenfalls als zertifiziert.
Wenn ein Befall durch das Anschlagen eines Hundes vermutet und durch einen direkten Nachweis – etwa ein Tier oder Kot – bewiesen ist, sollte man immer einen Profi hinzuziehen und nicht selbst versuchen, die Plagegeister loszuwerden. „Auf jeden Fall ist es immer wichtig, einen Schädlingsbekämpfer zu beauftragen. Ich habe noch nie gehört, dass jemand es selber geschafft hat, Bettwanzen erfolgreich zu bekämpfen“, sagt Kuhn. „Die Bettwanzenbekämpfung ist eine der schwierigsten Schädlingsbekämpfungen, die es überhaupt gibt.“