1. Fehmarnsches Tageblatt
  2. Schleswig-Holstein

Bei Sophie Graf in Dithmarschen kommen Pferde zur Ruhe

Erstellt:

Kommentare

Der Hengst „El Toro“ liegt neben Sophie Graf auf der Erde.
Im Einklang: Sophie Graf, Pferdetrainerin, bei einer Übung mit dem spanischen Hengst „El Toro“. © dpa

Gelernt hat sie bei Pferdeflüsterer Monty Roberts. Mit seiner Methode der gewaltfreien Arbeit mit Pferden hilft die Pferdetrainerin Vierbeinern. Auch ein wilder Hengst wurde wieder ruhig.

Schmedeswurth – Der spanische Hengst „El Toro“ senkt seinen Kopf elegant nach unten, scharrt abwechselnd mit den Hufen und lässt sich dann behutsam auf den Boden fallen. Zur Belohnung bekommt der Rappe ein Leckerli von Pferdetrainerin Sophie Graf. „El Toro ist noch jung und hat manchmal die Aufmerksamkeitsspanne eines Kleinkindes“, erklärt Graf, warum die Übung nicht gleich auf Anhieb geklappt hat. Bevor der Hengst zu ihr kam, war er ungestüm und sehr wild – und hatte seine ehemalige Besitzerin mehrfach abgeworfen. Seit Sophie Graf sich um das Pferd kümmert, ist „El Toro“ viel ruhiger geworden und lässt sich problemlos reiten. „Ich habe noch nie ein Pferd aufgegeben“, sagt die 32-Jährige.

Seit 2011 leitet die junge Frau mit den blonden Haaren das nach ihr benannte Pferdezentrum in Schmedeswurth in Dithmarschen. „Schon immer haben mich Pferde, deren Sanftmut, Kraft und Intelligenz fasziniert“, sagt Graf im Gespräch. Mit sechs Jahren fing sie an zu reiten. Als ihre Mutter an Tuberkulose erkrankt, zieht die Familie von Hamburg an die Nordsee. Der Vater, ein Architekt, saniert den alten Hof in Dithmarschen. Als die Eltern sich trennen, übernimmt Sophie mit 21 Jahren den Hof und macht daraus ein Pferdezentrum – zuvor hatte sie unter anderem eine Ausbildung bei Pferdeflüsterer Monty Roberts in Kalifornien gemacht.

Jedes Verhalten hat einen Grund

„Seine Maxime ,Gewalt ist niemals die Antwort‘ gibt meine tiefste Überzeugung auch und gerade im Umgang mit Pferden wieder“, sagt die 32-Jährige. Am Anfang trainiert sie die Pferde nur, später kommen verschiedene Therapiemöglichkeiten für kranke Pferde hinzu. „Wenn ein Pferd buckelt, beißt oder tritt, müssen wir immer herausfinden: Warum tut es das? Es hat ja immer einen Grund und es gibt immer eine Vorgeschichte“, erklärt Graf ihren Ansatz. Jedes Pferd, das beritten wird, werde zunächst physiotherapeutisch und osteopathisch untersucht, Hufschmied, Pferdedentist und Sattler beurteilen das Tier und die Ausrüstung. Erst danach beginnt das eigentliche Training.

„Wie der Mensch hat jedes Pferd seinen individuellen Charakter, den es zu erkennen und zu stärken gilt“, sagt Sophie Graf. Deshalb müsse man immer schauen, welche Methode zu welchem Pferd passt. Dabei müsse natürlich auch der Besitzer miteinbezogen werden. „Die Besitzer sind später beim Training immer dabei, denn es bringt ja nichts, wenn es nur bei mir funktioniert“, sagt die 32-Jährige. Für diese Arbeit mit Pferden gibt es keine anerkannte Ausbildung und keine geschützte Berufsbezeichnung. Eine pauschale Einschätzung der Arbeit von sogenannten Pferdeflüsterern fällt der Verhaltensforscherin Willa Bohnet vom Institut für Zoologie der Tierärztlichen Hochschule Hannover auch deshalb eher schwer.

Biologin fordert Kontrolle

„Es gibt in dieser Szene ganz viele Personen, die sich sehr gut mit Pferdeverhalten und dem Training der Tiere auskennen und auch immer nach den neuesten Informationen dazu suchen“, so die Expertin für das Ausdrucksverhalten von Pferden. Gleichzeitig aber gebe es auch viele, „die sich ihr eigenes Weltbild zusammenstricken und das mit schlauen Worten dem Pferdebesitzer verkaufen“. Die promovierte Biologin dringt deshalb darauf, dass auch diese Tiertrainer vom Veterinäramt kontrolliert werden – so wie das bei Hundetrainern auch Gesetz ist. „Wir haben da eine Lücke im Tierschutzgesetz. Da braucht es ganz dringend eine Regelung.“

Auch interessant

Kommentare