Ratenzahlung bei Stromkosten möglich

Massive Forderungen waren da, nun hat die Landesregierung in Kiel geliefert. Sie will Bürger und diverse Bereiche von dramatisch gestiegenen Kosten entlasten. Harsche Kritik gibt es am Bund.
Kiel – Als Konsequenz aus Energiekrise und drastisch gestiegenen Preisen legt Schleswig-Holstein ein Entlastungspaket im Volumen von 180 Millionen Euro auf. Der Norden sei das erste Land mit einem derartigen Programm und damit Vorreiter in Deutschland, sagte Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) am Dienstag in Kiel nach einem „Energiegipfel“ mit gut 80 Spitzenvertretern von Organisationen aus allen Bereichen.
Das Programm zur Förderung privater Klimaschutzmaßnahmen soll von 50 auf 75 Millionen Euro erhöht werden. Ein Darlehensprogramm zur Stützung von Stadtwerken und anderen Unternehmen umfasst 500 Millionen Euro. Es soll über die Investitionsbank abgewickelt und mit Bürgschaften des Landes abgesichert werden. Damit werden Unternehmen unterstützt, die infolge hoher Energiekosten ins Schlingern geraten. Es sollen auch Stromrechnungen gestreckt werden können, erläuterte Finanzministerin Monika Heinold (Grüne). Die Regierung war mit einem Vorschlag von 250 Millionen Euro in das Treffen gegangen, stockte auf Interventionen aus Kommunen und Wirtschaft aber auf.
Die schwarz-grüne Koalition will mit ihrem Programm die jüngsten Beschlüsse der Bundesregierung ergänzen. Im Umfang von je 20 Millionen Euro soll es Härtefallfonds für Bürger sowie für Vereine und Verbände geben. Zehn Millionen Euro sind für Beratungsangebote zum Beispiel für Energieeinsparungen oder Schuldenfallen geplant. Günther und Heinold zufolge gab es bei dem Gipfel dramatische Schilderungen von Sozialverbänden über Familien und Armut. „Als Schleswig-Holstein stehen wir weiter zusammen“, sagte Heinold.
Für kommunale Klimaschutzinvestitionen sind 75 Millionen Euro geplant, sofern sich die Kommunen im gleichen Umfang beteiligen. Kostensteigerungen in Kitas, Schulen und Hochschulen will die Regierung mit 15 Millionen Euro abfedern. Allein 115 Millionen Euro gebe es aus dem Gesamtprogramm für Energie- und Wärmewende, sagte Heinold. Alles soll aus dem Ukraine-Notkredit finanziert werden.
Einig war sich der Gipfel in der Notwendigkeit, kräftig Energie zu sparen. Als Ziel nannte Günther 20 Prozent. Scharf kritisierten er und Heinold die Bundesregierung, da sie ihre Entlastungspläne ohne Einbeziehung der Länder beschlossen habe. Diese bekämen nur die Rechnung präsentiert. Heinold rechnet mit Belastungen für den Landesetat in dreistelliger Millionenhöhe. „Die Kommunikation des Bundes muss gänzlich eine andere werden“, sagte Günther. Der Bund müsse sich auch stärker als angekündigt an einem neuen bundesweit gültigen Nahverkehrsticket beteiligen.
Kiels Oberbürgermeister Ulf Kämpfer (SPD) forderte für Stadtwerke einen Rettungsschirm. Es gehe nicht nur darum, dass sie ihre Rechnungen bezahlen können. Sie müssten auch für ihre Kunden Ratenzahlungen und Stundungen ermöglichen können.
„Das war ein guter Dialog auf Augenhöhe“, kommentierte der Direktor des Verbandes norddeutscher Wohnungsunternehmen, Andreas Breitner. „Die Unterstützung für Liquiditätshilfen für Stadtwerke und am Gemeinwohl orientierten Unternehmen ist genauso im Interesse der Mieterinnen und Mieter wie das geplante Mietenmoratorium.“
Die Vorsitzende DGB Nord, Laura Pooth, begrüßte den Härtefallfonds. Ob die 20 Millionen Euro reichen werden, sei offen. „Wir begreifen es als ersten Schritt. Gegebenenfalls muss zügig aufgestockt werden.“
Die Regierung habe ein zukunftsträchtiges 8-Punkte-Entlastungspaket vorgelegt, kommentierte für die Unternehmensverbände Hauptgeschäftsführer Michael Thomas Fröhlich. Der Eigentümerverband Haus & Grund verlangte eine Erweiterung des Wohngeldes. Andernfalls könnten Menschen mit geringem Einkommen ihre Rechnungen nicht bezahlen, sagte der Landesvorsitzende Alexander Blazek. Damit drohten Zwangsversteigerungen und schwere Folgen für den Immobilienmarkt.
Der Kinderschutzbund rief das Land auf, sich im Bund für Nachbesserungen im Entlastungspaket für arme Kinder einzusetzen. Auch die Nordkirche versprach, einen deutlichen Beitrag zum Energiesparen leisten. dpa