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Teilnehmer simulieren den Überfall auf hoher See
Volle Pulle bei Piratenangriff
Neustadt - Es ist heiß und eng im Maschinenraum der „Rettin“. Dieselgestank hängt in der Luft. Von draußen sind Schritte zu hören, das Kreischen einer Flex und arabische Satzfetzen. Dann dringt plötzlich Rauch in den Raum, in dem 13 Menschen zusammengedrängt stehen.
Die „Geiseln“ sind Mitarbeiter von Reedereien, die an einem Workshop zur Piraterie-Prävention der Bundespolizei teilnehmen. „Bei einem echten Piratenüberfall müssen Seeleute es bis zu 96 Stunden in einer solchen Zitadelle aushalten“, sagt Lehrgangsleiter Klaus Wulf.
Die meisten Teilnehmer kennen Schutzräume, in die die Besatzungen bei Piratenangriffen flüchten können, nur in der Theorie. Sie arbeiten in den Reedereizentralen und sind für den Schutz von Besatzung und Schiff zuständig. Die Erfahrung am eigenen Leib führt schnell zu Überlegungen, wie die Ausstattung dieser Räume verbessert werden kann. „Wir sollten in unseren Zitadellen nicht nur Trinkwasser, Decken und Vorräte, sondern auch Wechselkleidung lagern“, sagt Lars Liebner und wischt sich den Schweiß von der Stirn. Gerade haben die Workshopteilnehmer auf das richtige Codewort hin ihren „Befreiern“die verbarrikadierte Tür geöffnet. Liebner ist „Company- and ShipSecurityOfficer“ (CSO) der Hamburger Reederei August Bolten. Deren Schiffe sind regelmäßig in Seegebieten mit Piratenangriffen unterwegs.
Seit fünf Jahren gibt es bei der Bundespolizei See in Neustadt im Kreis Ostholstein das Piraterie-Präventions-Zentrum. „Wir beraten deutsche Reedereien, schicken im Krisenfall einen Berater und stellen Kontakte zu in- und ausländischen Behörden und Organisationen her“, sagt Wulf, der stellvertretende Leiter Zentrums. „Die Präventionsworkshops bieten wir schon seit längerer Zeit an“, sagt er.
In dem Workshop geht es um Angriffstaktiken von Piraten, um Schutzmaßnahmen für Schiff und Mannschaft, aber auch um Verhandlungstaktik und das Verhalten als Geisel.
„Wir sagen unseren Kapitänen bei Entdeckung von Piraten immer: „Legt den Hebel um bis zum Anschlag“, empfiehlt Johann Dirksen von der Emdener Reederei M. Lauterjung die Geschwindigkeit zu erhöhen. Doch nicht immer klappt die Flucht. Wenn auch Stacheldraht an der Bordwand und Wasser aus dem Löschschlauch keine Wirkung zeigen, bleibt nur noch der Weg in die Zitadelle.
dpa