Hass-Tirade gegen Münchner verbreitet sich im Internet: Einheimische erschüttert über „Ausmaß der Feindlichkeiten“
Trotz Corona-Warnung zieht es viele Münchner von der Stadt zu Erholung in die Berge. Im oberbayerischen Miesbach haben Anwohner nun ihren Unmut darüber deutlich gemacht.
- Trotz Lockdown und Coronavirus: Schnee und Sonne ziehen viele Besucher in die Berge.
- Doch Autofahrer mit einem Münchner Kennzeichen treffen hier nicht nur auf Gastfreundschaft.
- Das Coronavirus scheint den München-Hass in Bayerns Ausflugsorten zusätzlich anzuheizen.
Update vom 3. Januar 2021: Miesbach – wo sich an schönen Tagen der Ausflugsverkehr staut, hatten Unbekannte kurz vor dem Jahreswechsel ein großformatiges Schild platziert. Es zeigt einen Stinkefinger unter einem Münchner Kennzeichen, darüber der Satz „Wir wollen Euch nicht“ und ein nicht druckreifer Ausdruck. Daneben die derbe Aufforderung: „Bleibt’s dahoam, wo’s higherts“. Die Polizei hat das Schild mit der unflätigen Aufschrift schnell einkassiert. Kurz vor dem Jahreswechsel, am Donnerstag, 31. Dezember, gegen Mittag, entfernten Beamte der Polizeiinspektion Miesbach das Schild von seinem Standort am Kreisel beim Miesbacher Ortseingang. Bis dahin war es x-mal fotografiert worden. Via Facebook, Instagram und What‘sApp verbreitete sich das Hass-Schild wie ein Flächenbrand.
Miesbach: Hass gegen Münchner erreicht neuen Höhepunkt - Polizei stellt Anzeige gegen Unbekannt
Flugs waren hunderte von Kommentaren geschrieben. Sie reichen von Empörung bis Zustimmung, die Emotionen kochen hoch. Es ist der vorläufige Höhepunkt einer Entwicklung, die mit dem ersten Lockdown begonnen hat und die Frontenbildung immer weiter schärft. „Aber so kann man die Situation, die sicher schwierig ist, nicht meistern“, mahnt Miesbachs Bürgermeister Gerhard Braunmiller. Die Schild-Aktion ist für ihn „in keinster Weise akzeptabel“. Er appelliere an die Vernunft, meint der Bürgermeister. Es gelte, aufeinander Rücksicht zu nehmen. Und er habe Verständnis dafür, dass es Erholungssuchende in die Berge und zum Schnee dränge. Das Schild wollte er vom Ordnungsamt abmontieren lassen. Doch da stand es schon im Hof der örtlichen Polizei.
Wer es an den Kreisel gestellt hat, ist bisher nicht bekannt. Nach Auskunft der Polizei läuft bereits ein Strafverfahren gegen Unbekannt. Zum einen, weil es grundsätzlich nicht erlaubt ist, ohne Genehmigung ein Schild an die Straße zu stellen. Zum anderen wegen des beleidigenden Inhalts der Botschaft. „So schürt man Hass“, sagt ein Sprecher der Polizei. Die Staatsanwaltschaft prüfe den Vorgang, die Fahndung nach den Urhebern laufe.

Bürgermeister und Kreisrat entsetzt über Hassbotschaft an alle Münchner: „So schürt man Hass“
Nicht nur in Miesbach sorgt die Hass-Botschaft an alle Münchner für Aufruhr. Josef Bogner, Vorsitzender des Rottacher Verkehrsvereins und FW-Kreisrat, machte seiner Empörung am gestrigen Sonntag in einer Stellungnahme Luft. Er sei entsetzt über das „nun erreichte Ausmaß der Feindlichkeiten in unserem Landkreis gegenüber Tagesgästen und deren Familien in Coronazeiten“, erklärt Bogner und wundert sich über positive Online-Kommentare zur Schild-Aktion: „Was sind wir für eine Gesellschaft, wenn wir so etwas für gut heißen?“
Solche „Begrüßungstafeln“, so der Gastwirt, seien nicht nur eine Beleidigung für die Tagesgäste, sondern für alle, die ein Miteinander im Tourismusgeschäft aufgebaut haben. Er selbst habe nach wie vor täglich mit Gästen zu tun, berichtet Bogner. Sie wollten, „wie wir auch“, in die Natur und vor allem ihren Kindern ein halbwegs normales Leben bieten. „Alles andere ist eh schon schwer genug. Schule daheim, kein Kindergarten, Homeoffice, Kurzarbeit – und damit treiben Sorgen die Menschen um“, weiß Bogner.
Hass-Botschaft an „M“-Kennzeichen: Unbekannte Miesbacher starten Gegenoffensive
Und wie immer, hielten sich die meisten Bürger an alle Vorschriften, in diesem Fall an die Hygienevorschriften. „Wegen ein paar einzelner Deppen muss man nicht gleich die ganze Region „M“ unter ,Stinkefinger’ stellen“, mahnt der Rottacher. Schließlich lebe der Landkreis seit Jahrzehnten ganz gut von seinen Gästen. Im Übrigen gebe es Bürger, die alle Regeln in der Corona-Zeit ignorieren, auch im Landkreis genug: „Leider.“

Die Hass-Botschaft war schon verschwunden, als Unbekannte an gleicher Stelle eine herzliche Gegenoffensive platzierten. Ein hölzernes Herz mit der Aufschrift: „Gemeinsamkeit zählt... keine Ausgrenzung.“ Das Herz grüßte Einheimische wie Ausflügler bis Sonntagmittag. Danach montierte die Miesbacher Polizei auch dieses Schild ab. Denn es ist eben nicht erlaubt, Plakate oder Ähnliches einfach an der Straße zu platzieren – auch wenn die Botschaft passt.
Wirbel um Besucheransturm im Oberland: Schild mit Hass-Botschaft aufgetaucht - klarer Hinweis für Münchner
Erstmeldung vom 2. Januar 2021: Miesbach - Deutlicher könnte es wohl kaum sein: Ein riesengroßer Mittelfinger ziert das selbstgebastelte Schild am Ortseingang in Miesbach, Oberbayern. Darüber ein Autokennzeichen der Stadt München und ein klarer Appell: „An olle stodara, bleibts dahoam wos hi gherts, und blockierts ned ois ihr lupenreinen idis.“ Für alle Münchner ohne Bayerisch-Kentnisse gibt es noch ein hochdeutsches: „Verpisst euch! Wir wollen euch nicht...“ hinterher.
Der Auslöser: Trotz Ausgangsbeschränkungen überrennen gerade zahlreiche Tagesausflüger die Alpenregion*, auch im Kreis Miesbach. Schon während der Feiertage schickte Landrat Olaf von Löwis deswegen eine verzweifelte SMS an Ministerpräsident Markus Söder*: „Lieber Markus, ich nerve dich nur sehr ungern per SMS“, schrieb Löwis, „Aber bei uns ufert der Tagestourismus aus. Es brennt wirklich.“ Sorgen gab es unter anderem bezüglich Polizei und Ordnungsbehörden. Viele Ausflügler denken nämlich gar nicht daran, sich an die Corona-Schutzmaßnahmen* zu halten.
Der ewige München-Hass: Macht Corona alles schlimmer? - Besucher im Oberland angefeindet
Dabei sind viele Einwohner besonders beliebter Ausflugsziele wie Miesbach ohnehin nicht gut auf den Münchner Besuch zu sprechen. Wanderer, Rodler und Skifahrer verstopfen jedes Jahr die Straßen und sorgen für kilometerlangen Stau, zahlreiche Unfälle und Müll. Mit Corona scheint sich das Problem zu vervielfachen: Unfallopfer* drohen in den ohnehin überfüllten Notaufnahmen zu landen und wegen der Einschränkungen profitieren nicht einmal alle Liftbetreiber oder Gaststätten vom ungewollten Besucheransturm.
Bei einigen führt das scheinbar zu einem regelrechten München-Hass. Schilder wurden bereits aufgestellt, Besucher mit einem Münchner Kennzeichen wüst beschimpft*. In Garmisch-Partenkirchen berichtet ein Neubürger sogar davon, allein wegen seines Kennzeichens angefeindet worden zu sein*.
Extreme Reaktionen, die wohl auch auf die allgemeine Unzufriedenheit der Bevölkerung in der aktuellen Lage zurückzuführen sind.
Auf das in Miesbach aufgestellte Schild reagieren viele entnervt. Eine Twitter-Nutzerin kommentiert: „und fahrts zum Einkaffa nie wida nach München ... diese spaltende Haltung nervt.“ Klar ist, nur ein beidseitig respektvolles Verhalten kann den ewigen Streit vielleicht irgendwann beenden, dazu gehört in jedem Fall auch, die Corona-Schutzmaßnahmen* zu beachten - Also benehmt‘s eich! (vs) *Merkur.de ist Teil des Ippen-Digital-Netzwerks.